Der Struve Bogen

Friedrich Georg Wilhelm Struve wurde am 15. April 1793 in Altona bei Hamburg geboren. Bereits 1808 begann er sein Studium in Dorpat (heute Tartu in Estland),  was er 1813 mit der Promotion abschloss. Noch im gleichen Jahr wurde er dort außerordentlicher Professor, 1818 dann ordentlicher Professor. Ab 1820 leitete er das Observatorium der Universität. 1839 wechselte er an die Sternwarte von Pulkowo nahe Sankt Petersburg, die er bis 1862 leitete. Struve war 2-mal verheiratet und hatte insgesamt 18 Kinder. Er  war Mitglied verschiedener Akademien der Wissenschaften und wurde für seine Leistungen in den Adelsstand erhoben. Wilhelm Struve verstarb am 23. November 1864 in Pulkowo.

Wilhelm Struve arbeitete an den Doppelsternen, von denen er 2714 mikrometrisch vermaß und viele selbst entdeckte. Dazu veröffentlichte er mehrere Werke. Zweiter Schwerpunkt seiner Arbeit war die Geodäsie und die Vermessung der genauen Gestalt der Erde. Entstanden ist dabei als eine herausragende wissenschaftliche Leistung der nach ihm benannte Struve Bogen und die dabei gewonnenen Daten waren bis zur Einführung der Satelitenvermessung in vielen Staaten Basis der geodätischen Arbeit.

Der Struve Bogen, ein Werk zur genauen Bestimmung der Erdgestalt, wurde 2005 in die Welterbeliste eingetragen. Er ist damit wissenschaftlich, historisch gesehen das erste „Instrument“ in der Welterbeliste. Zugleich sind die Arbeiten am Struve Bogen, von 1816 bis 1855 ausgeführt, das erste transnationale wissenschaftliche Projekt der Welt. Beteiligt waren damals Russland und Schweden, auf deren Territorien gearbeitet wurde. Es mussten zur Durchführung die Zustimmungen des jeweiligen Königs oder Kaisers, der Parlamente und Regierungen eingeholt werden.   Heute liegen die Messpunkte in den Staaten Norwegen, Schweden, Finnland, Russland, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, der Ukraine und Moldawien.

Bereits vor der Zeitrechnung gab es Meinungen, dass die Gestalt der Erde eine Kugel sei. Um 1600 vertrat Isaak Newton die Ansicht, dass es Abplattungen an den Polen geben müsse. Durch den Bedarf der Seefahrt, des Militärs und der jeweiligen Herrscher nach immer präziseren Karten war die wichtigste Frage der Geodäsie des 18./19. Jahrhunderts  die nach der genauen Gestalt der Erde.

Die Theorie der Messung ist nun: Misst man den physikalischen Abstand von 2 Breitengraden = ein Grad gemessener astronomischer Breite so ergibt sich daraus der Erdkrümmungsradius und damit die Gestalt der Erden zwischen den 2 Breitengraden. Die Messung der astronomischen Breite an 13 Messpunkten des Meridianbogens wurde in mehreren Messreihen vorgenommen. Ergebnis war, das der physikalische Abstand zwischen 2 Breitengraden (entspricht etwa 110 km)am Schwarzen Meer um 359 m kürzer war als in Hammerfest in Norwegen. Die Abstandsmessungen nun wurden mit Hilfe von Dreiecken, welche in der Landschaft festgelegt und vermessen wurden, durchgeführt. Ausgangspunkt war das Observatorium der Universität von Dorpat (Tartu), dessen Medianbogen (E26° 43´) gleichzeitig der zu vermessende war. Es entstand mit der Zeit ein System von 265 Vermessungspunkten, ca. 20 bis 40 km voneinander entfernt, welche 258 Hauptdreiecke bildeten sowie über 60 Nebenvermessungspunkte. Die Messung erstreckt sich exakt über eine Länge von 2821,833 km von Fuglenes in Hammerfest bis nach Ismail am Schwarzen Meer. Die Messungen etwa in den heutigen Länder Finnland, Estland, Lettland Litauen standen unter der Leitung von Wilhelm Struve .  Carl Friedrich Tenner leitete die Messungen in Weißrussland, der Ukraine, Moldawien bis zum Schwarzen Meer. Im Norden leiteten die Messungen Nils Haqvin Selander und Daniel Georg Lindhagen in Nordfinnland bis etwa zur heutigen norwegischen Grenze und von dort  bis Hammerfest Christopher Hansteen.

Das Observatorium von Dorpat ist 1811 gegründet worden und Wilhelm Struve war Direktor von 1820 bis 1839. Es arbeitete bis 1964 als ein neues Observatorium fertiggestellt wurde. Die Ausrüstung der ersten Jahre war vorbildlich für die Zeit. 1824 installierte man einen Refraktor, der mit 24,4 cm Öffnung das größte farbreine Instrument seiner Zeit war. Josef Frauenhofer stellte es her.

Die Kirche von Alatorino, der 2. Messpunkt des Struve Bogens in einem Gebäude, erbaute man Anfang des 16. Jahrhunderts als nördlichste der mittelalterlichen Feldsteinkirchen Finnlands. 1794 bis 1797 baute man sie im gustavianischen Klassizismus um und 1842 diente der Turm der Kirche als Messpunkt.

Heute stehen alle Messpunkte unter nationalem Schutz und 64 ausgewählte, darunter die beiden Gebäude, sind Bestandteil des Weltkulturerbes. Besucht habe ich pro Land einen Messpunkt, wobei ich den Messpunkt in Moldawien unter den angegebenen Koordinaten nicht gefunden habe.

Struve Bogen

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