Großbritannien

– eine Reise zwischen Hecken und gar nicht so defensiven Autofahrern

England, die berühmte Linksfahrerei! Am Anfang war es eigentlich ganz unkompliziert: runter von der Fähre in Dover – nur eine Fahrbahn – ging gut. Dann einfach den Vorausfahrenden hinterher, das war schon komischer. Vor allem, wenn der Gegenverkehr auf der „falschen“ Fahrbahn entgegenkam. Ich hab mich schnell von der Landstraße verdrückt und bin erst mal ganz langsam auf Nebenstraßen gefahren. Aber an das Abbiegen habe ich mich rasch gewöhnt. Nach 3 Stunden bin ich auf einen Zeltplatz zum Pausieren. Am nächsten Tag gings schon besser und mit der Zeit habe ich mich dran gewöhnt. Aber zum Fahren vielleicht später noch mehr.

England, oder genauer das Vereinigte Königreich von Großbritannien, um wenigstens einmal den richtigen Namen zu nennen, besitzt 29 Welterbestätten. Davon sind alleine 11 der frühindustriellen Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts zuzurechnen, 4 sind reine Naturerbestätten, 2 Weltkulturerbestätten stammen aus dem Neolithikum, 9 stammen aus dem Mittelalter bzw. beschäftigen sich mit der Entwicklung der Monarchie in dieser Zeit  und Eine, der Hadrianswall stammt aus der Römerzeit. Eine Welterbestätte, St. George liegt auf den Bermudainseln. Diese werde ich, wenn es sich einrichten lässt, besuchen, wenn ich dort in der Gegend bin.

Die jetzt noch Fehlende besitzt den Doppelstatus als Weltkultur – und Weltnaturerbestätte. Sie ist für mich zugleich die beeindruckendste Stätte, weil mich das Schicksal der Menschen, die dort gelebt haben sehr berührt hat:

St. Kilda. Als Inselgruppe weit vor den Äußeren Hebriden im Atlantik gelegen, sind es die Reste eines Vulkankraters, die aus dem Meer ragen. 4 Inseln und 2 sog. Stac´s, Stac Lee 172 bzw. Stac ann Armin 196 m senkrecht aus dem Meer ragende Felsnadeln, bilden die Gruppe. Hier hat sich die größte Vogelkolonie Nord – europas gebildet und von weitem schimmern die Felsen z.T. weiß vor Vögeln. Auf der Hauptinsel Hirta siedelten seit ca. 4000 Jahren Menschen. Sie jagten die Vögel, kochten aus deren Fett Öl, ernährten sich von ihnen und deren Eiern, betrieben Landwirtschaft und hielten Schafe. Ein raues und entbehrungsreiches, kurzes Leben. Von den uralten Häusern der Insel war das größte ca. 4×6 m innen und da waren im Winter auch noch die Schafe mit drin. Sie betrieben ein sog. „run – rig“ System des jährlichen Felder Tausches um die Erträge gerecht zu verteilen. Mitte  des 19. Jahrhunderts dann wurden die traditionellen Lebensweisen durch den evangelikalen Prediger Neil MacKenzie abgeschafft indem allen Familien feste Felder zugeteilt wurden, zugleich wurden neue, den Klimaverhältnissen unangepasste Häuser gebaut (die Frontseite mit Fenstern und Türen standen in der Hauptwindrichtung). Die Folge war die langsame Abwanderung der Bevölkerung, bis schließlich am 29.08.1930, nach dem Tod einer Bewohnerin durch eine Blinddarmentzündung, die letzten 36 verbliebenen Einwohner die Insel für immer verließen. Ein Debakel für die englische Bevölkerungspolitik, noch dazu im eigenen Land. St. Kilda beherbergt die größte Meeresvogelkolonie Nordeuropas. U.a. 20% der
Weltpopulation an Basstölpeln leben hier. Es gibt auf St. Kilda 3 endemische Arten: eine Feldmaus- und eine Zaunkönigspezies und die Soay Schafe, eine Züchtung die auf die Bronzezeit zurückgeht.

Die zweitgrößte geschlossene Gruppe der Welterbestätten sind die Stätten des Mittelalters und der Historie der Krone Englands:
Canterbury, ist Bischofssitz seit 1400 Jahren, hier begann die Christianisierung der britischen Inseln. 596  wurde König Ethelberth durch Mönch Augustin zum Christentum bekehrt. Dieser nahm daraufhin im römischen Durovernum, dem
späteren Canterbury seinen Bischofssitz. Zur Welterbestätte gehören die Kathedrale von Canterbury, die Kirche St. Martin und die Ruinen des Klosters St. Augustin. St. Martin besitzt in seinem Chor Mauerteile, welche in das 6. Jahrhundert datiert werden. Sie ist damit die älteste Kirche Englands, gar der englischsprachischen Welt. Das Kloster St. Augustin hatte durch sein Skriptorium lange Jahrhunderte einen bedeutenden Einfluss auf das Geistesleben Englands. Der Erzbischof von Canterbury heute ist als Oberhaupt der anglikanischen Kirche Englands, allerdings als „Primas inter Pares“, quasi der „Papst“ dieser Kirche, welche in ihren Landeskirchen aber selbständig sind. Kathdetra wird übrigens der Stuhl genannt, auf welchem der Bischoff während des Gottesdienstes Platz nimmt und daher wird diese Kirche Kathedrale genannt.
Blenheim Palace, eine englische Lautmalerei für das deutsche „Blindheim“ steht für die Tatsache, dass John Churchill am 13.08.1704 mit dem Prinzen von Savoyen in der 2.Schlacht von Blindheim gegen bayrische und französische Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg siegte und so den Nimbus der Unbesiegbarkeit der französischen Truppen zerstörte. Dieser Schlachtausgang bewirkte, dass sich die englische Krone gemeinsam mit den anderen verbündeten Nationen auf dem Gipfel ihrer Macht gegenüber Ludwig XIV. befand. Als Dank dafür schenkte Königin Elisabeth I.  John Churchill das Gelände und lies den Palast bauen mit der Auflage, jährlich zum Jahrestag des Sieges eine Fahne an das englische Königshaus zu senden, was auch bis heute regelmäßig geschieht. John Churchill war der erste Duke von Marlbourogh und in einer Seitenlinie wurde hier 1849 Winston Churchill der nachmalige englische Kriegspremier des 2. Weltkrieges geboren, dessen Todestag sich dieses Jahr zum 50. Male jährt. Diese Stätte ist ein Beispiel dafür, wie die Leistung eines Einzelnen das Schicksal einer Familie über Jahrhunderte beeinflusste.
Durham Castle liegt in Northumberland, im Grenzgebiet zu den schottischen Stämmen. Der Erzbischof dort hatte auch die weltliche Gewalt und sollte die Region ruhig halten. Deshalb sind Burg und Kathedrale, auf einem Hügel gelegen, von den jeweiligen Fürstbischöfen immer als Einheit betrachtet und entwickelt worden.

Vielleicht noch ein paar Bemerkungen zum Verkehr in England. Die Straßen Englands sind anders beschaffen wie in Deutschland. Gräben oder Bankette sind, zumindest auf den lokalen Straßen unbekannt. Nach dem Begrenzungsstreifen findet man unmittelbar eine Mauer, Hecke oder einen Zaun. Auf jeden Fall kann man nicht zur Seite ausweichen. Es ist fast schon bedrohlich, wenn da ein LKW entgegenkommt. Außer bei den Autobahnen ist auf allen anderen Straßen der Asphalt unmittelbar in die Landschaft gepappt. Ich hab da Steigungen von 24 % erlebt, man denkt das Auto fällt hinten rum. Eine Besonderheit sind in jedem Falle die Kreisverkehre. Fahren viele Autofahrer trotz Überholmöglichkeit, auf Landstraßen brav hinterher, geht’s dort zur Sache. Rechts einordnen und dann im Kreisverkehr überholen was nur geht. Eigenartig, ist aber so. Vorausschauend sind die Engländer aber auch da und bremsen eher mal mehr, als zu wenig. Insgesamt ist der Umgang untereinander eher rücksichtsvoller und wertschätzender als bei uns. Mit einer kleinen Geste mal Platz machen, am Fußgängerübergang sich mal fürs Anhalten bedanken oder einfach mal jemanden reinlassen in eine Autoschlange. Alles selbstverständlich und sehr angenehm im täglichen miteinander.
Eine Besonderheit sind die Burgen König Edwards in Wales. Der über Jahrhunderte währende Befreiungskampf der Waliser gegen die Engländer hatte Ende des 13. Jahrhunderts zu einer Niederlage der Waliser geführt und sofort ließ König Edward ein großes Burgenbauprogramm realisieren um seine Siege dauerhaft zu sichern. Dabei wurden 3 Burgen an vorher unbesiedelten Plätzen gebaut und weitere Burgen und befestigte Plätze der Waliser ausgebaut. Die, durch den Welterbe Status geschützten Burgen: Beaumaris, Conwy, Harlech und Caernavon stellen dabei ein herausragendes Zeugnis der Militärbaukunst jener Zeit dar. Federführend wurden die Bauten von dem aus Savoyen stammenden James de Saint George errichtet, dem bedeutendsten Militärbauarchitekten jener Zeit. Auf der Burg von Caernavon wurden im vergangenen Jahrhundert am 13.07.1911 Edward Windsor als Prince of Wales eingesetzt. 1936 folgte er als Edward VIII. auf dem Thron, dankte jedoch im gleichen Jahr wieder ab. Am 01. 07.1969 wurde Charles Mountbatten – Windsor (Prince Charles) hier als Prince of Wales eingesetzt. Ein Titel, welcher von der Krone traditionell an den Thronfolger immer auf dieser Burg vergeben wird.

In London sind der Tower und Westminster die wohl bekanntesten Welterbestätten Englands. In Westminster, einer direkt der Krone unterstellten Kirche, sind seit 1066 alle Krönungen von Monarchen Englands erfolgt. Darüber hinaus ist sie Begräbnisstätte nicht nur der Monarchen, sondern auch bedeutender Persönlichkeiten der englischen Geschichte. Der Tower war mit dem Beginn seiner Errichtung 1067 an immer Mittel zur Unterdrückung der Londoner Bevölkerung als auch Rückzugsort des Königs bei Gefahr. Beide Stätten haben überragende Bedeutung für die Historie der Krone als auch Englands.
Weniger bekannt ist sicher Kew, Royal Gardens. Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet, entwickelten sich die Gärten vom Kräutergarten zur bedeutendsten Forschungseinrichtung für Nutzpflanzen in England und der Welt. Mit der Entwicklung des britischen Empire ließen sich die jeweiligen Leiter der Gärten aus allen Überseegebieten seltene Pflanzen kommen. So entstand die bedeutendste Pflanzensammlung und landwirtschaftliche            Forschungseinrichtung der Welt, deren Ergebnisse wiederum in allen Ländern des Empires angewendet wurden. Palmhäuser, Gewächshäuser für alle Klimazonen der Erde und viele Hektar Landschaftsgarten, einen Baumkronenpfad kennzeichnen heute die Anlage. Die Einrichtung besitzt den größten pflanzlichen Genpool der Welt.
Die Sternwarte von Greenwich letztendlich ist für uns ja das Synonym für die Weltstandartzeit sowie den sog. „Nullmeridian“. Man kann in Greenwich also problemlos mit einem Schritt von West nach Ost wechseln. Weniger bekannt ist das Royal Maritime Museum und die Universität Greenwich, welche sich beide jetzt in den Gebäuden der ehemaligen Royal Maritime Schule befinden und ebenfalls zum Komplex der Welterbestätte zählen.
Studley Park mit den Ruinen von Fountaines Abtei. Ab 1718 entwarf John Aislabie im Tal der Skell einen Wassergarten, welcher dann auch Zug um Zug realisiert wurde. Eine streng formal gegliederte Landschaft mit Lustbauten und künstlichen Wasserfällen entstand.  Runde und mondförmige Teiche, der Lauf der Skell sowie Skulpturen ergänzten die Anlage. Später konnte sein Sohn William Aislabie die Arbeit fortsetzen, errichtete eine Burg und die Kirche St. Mary im neogotischen Stil und rahmte den streng gegliederte Garten entsprechend dem Zeitgeist mit einem natürlichen Landschaftsteil ein, sodass die strengen Formen gemildert wurden. Letztlich konnte er das oberhalb des Parkes gelegen Gelände der Fountaines Abtei, im 12. Jahrhundert gegründet, 1530 aufgehoben, war sie durch zahlreiche Schenkungen die reichste und größte Abtei im ganzen Königreich, erwerben und in das Gefüge des Parkes eingliedern. Lange Jahre war der Park Vorbild für viele                Gartenarchitekten, welche aus ganz Europa kamen um den Park zu besuchen.

Die zwei Welterbestätten des Neolithikums sind zum einen:

Stonehenge – in einer ersten Bauphase wurde ein Graben und je ein Wall zu beiden Seiten des Grabens errichtet. Der Durchmesser betrug ca. 100 Meter. In der 2. Phase entstanden gleichmäßig verteilt 56 Löcher in die  wahrscheinlich Holz – oder Steinpfosten eingelassen waren. Viele davon enthielten menschliche Brandreste. Es war ein Friedhof in dieser Zeit. In einer späteren Zeit entstanden die 5 hufeisenförmigen inneren Steinmonumente und der Ring um diese Monumente. Die Besonderheit ist, die oben quer gelegten Steine. In keiner anderen ähnlichen Anlage gibt es so etwas. Die ganze Anlage ist streng nach dem Lauf der Sonne ausgerichtet und die Bedeutung ist noch nicht endgültig geklärt. Zur Stonehenge gehören auch noch 6 Hügelgräbergruppen aus unterschiedlichen Zeitabschnitten, die Stonehenge Avenue welche zum Steinkreis führt und vielleicht rituellen Zwecken diente genauso wie der Stonehenge Cursus. Das alles findet sich auf einer sehr großen Fläche. Zu der Welterbestätte gehört weiterhin der Steinkreis von Averbury, der größte seiner Art mit einem Durchmesser von 1,3 km. Er besitzt einen äußeren, mit 100 stehenden Steinen, und 2 weitere innere Kreise.Die zweite Welterbestätte ist „das neolithische Herz Orkney`s“, eine Kulturlandschaft bei Stromness auf den Orkneyinseln. Sie besteht aus 4 Teilen:
Maes Howe – ein Mehrkammergrabhügel aus der Zeit um 3000 v.Chr. mit reichen Grabbeigaben
Ring von Brodgar – ein ritueller Steinkreis wie auch die
Standing Stones of Stennes, beide sind, wie auch Stonehenge, nach Mond und Sonne ausgerichtet.
Skara Brae – eine neolithische Siedlung mit den ältesten Häusern aus der Zeit um 3100 v. Chr.
Alles wurde etwa 1000 Jahre genutzt ehe es langsam verschüttet wurde und so erhalten blieb. Einmal mehr zeigen diese beiden Welterbestätten die hohen kulturellen Leistungen der Menschen dieser Zeit, die auch an anderen Stätten in der Welt zu sehen sind.

Aus einer ganz anderen Zeit ist der Hadrianswall der Römer. Die Besetzung der britannischen Insel begann 55 v. Chr. durch Cäsar vorübergehend im Südosten Englands. Die dauerhafte Besetzung begann ca. 45 n.Chr. und ab 122 n. Chr. ließ der Imperator Hadrian den Wall gleich als Steinwall errichten. Mauern, Gräben, Festungen, Wachtürme und zivile Siedlungen entstanden. Der weiter nördlich bei Glasgow errichtete Antoniuswall blieb bruchstückhaft und konnte nicht dauerhaft gehalten werden.

Bei den Stätten der frühindustriellen Revolution, die größte Gruppe von Welterbestätten, kann nochmal eine Untergruppe der von führenden englischen Philanthropen geschaffenen Produktions- und Wohnstätten unterschieden werden.
3 Welterbestätten sind hier zu nennen: Saltaire, New Lanark und die Mühlen im Tal des Dervent.
Die Gemeinsamkeiten:

  1. immer war es ein philanthropischer Unternehmer, welcher die Entwicklung initiierte
  2. es war die Frühzeit der englischen Industrialisierung Ende des 18. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts
  3. als Antriebsart stand am Anfang nur Wasserkraft zur Verfügung
  4. neben den Produktionsstätten wurden immer auch menschenwürdige Wohnungen für die Arbeiter geschaffen

Mit den Mühlen im Tal des Dervent begann alles.
P.Nigthingale als Unternehmer finanzierte 1771 die erste mechanische Spinnerei Englands in Cromford. Technisch basierte die Anlage auf den Ideen von Richard Arkwrigh, welcher Wasserkraft zum Antrieb einsetzte und die Übertragung auf die Spinnmaschinen in mehreren Stockwerken erstmals realisierte. Da Wasserkraft bis dahin nur im Zusammenhang mit Mühlen eingesetzt wurde, erhielten die Spinnereien die Bezeichnung Spinnmühle. Das System der Spinnmühle übertrug Richard Arkwrigh später auf einen eigenen Betrieb, die Masson Mühle in Matlok Bad und entwickelte es weiter. Die Strutts in Milford und Belper sowie die Evan Brüder in Darley Abbey waren weitere
Unternehmer dieser Zeit. Alle diese Unternehmer schafften es gleichzeitig, durch den Bau von Wohnsiedlungen, eine feste Gemeinschaft der Arbeiter zu etablieren.
Ähnliches entstand nahe Bradford ab 1851. Der Unternehmer Titus Salt baute auf der grünen Wiese zuerst seine Fabrik, die Saltmill. Dort sorgte der Ingenieur William Fairbairn für sichere Arbeitsverhältnisse. Die Architekten Henry Lockwood und Richard Mawson bauten anschließend Saltaire im viktorianischen Stil. Kirche, Hospital, Schule und andere öffentliche Gebäude entstanden neben den Reihenhäusern für die Arbeiter der Saltmill. Auf der anderen Seite des Flusses Aire entstand Roberts Park, gedacht für die Erholung der Arbeiter, bot er die Möglichkeit, nach dem Aufenthalt in der staubhaltigen Luft der Spinnerei den Ausgleich an frischer Luft zu suchen. Ein damals fast luxuriöser Lebensstandard für die Arbeiter.
1783 begann der Bau der Industriegemeinde New Lanark. Robert Owen baute hier im Laufe der Zeit 4 Spinnereien mit den entsprechenden Wohnhäusern für die Arbeiter. Eine Schule entstand und eine Kirche. Wiederum war es Richard Arkwrigh, der die technische Realisierung übernahm. Die ganze Anlage befand sich im schmalen Tal der Clyde, sodass hier erstmals 3 und 4 stöckige Wohnhäuser gebaut wurden. Die Mühlen arbeiteten bis 1968 kommerziell und seitdem vermarktet eine Gesellschaft das Gelände.

Die Bergbaulandschaft von Cornwall war Ende des 18. Anfang des 19. Jahrhunderts die innovativste Bergbauregion der Welt. 80% der damaligen Kupferproduktion und knapp 50% der Zinnproduktion stammten in dieser Zeit von hier. Der Einsatz der Dampfmaschine und anderer Maschinen wurde hier das erste Mal im Bergbau realisiert oder die Maschinen wurden hier gar entwickelt. Selbst das Abteufen von Schächten unter den Meeresboden wurde praktiziert. Nach Schließung der Minen Ende des 19. Jahrhunderts gingen viele Bergleute aus der Region in alle Welt und exportierten so die dort entwickelten Bergbautechnologien. Eine große Anzahl von Ruinen der Maschinenhäuser gibt der Landschaft ein eigenständiges Gepräge.

Bath, eine alte Badestadt aus der Römerzeit, wurde im 18. Jahrhundert einheitlich im Stil des Viktorianismus umgestaltet und bietet heute noch ein einheitliches, von Sandsteinarchitektur dominiertes Bild. Die Architekten John Wood Senior und Junior sowie Ralph Allen und Richard „Beau“ Nesh waren hier die Initiatoren. Ihre Vision: die schönste Badestadt Europas sollte entstehen. Als herausragende Bauwerke entstanden dabei: der Circle, der Royal Crescent und der Queen Square. Auch die Kathedrale von Bath, im Perpendikular Stil errichtet, ist sehenswert.

In Edinburgh gibt es 2 Welterbestätten. Zum einen ist es die Alt- und Neustadt von Edinburgh. Damit ist zum einen die tatsächliche Altstadt aus dem Mittelalter gemeint, deren Grundstruktur mit kleinen Gassen und Steigen und natürlich mit vielen historischen  Gebäuden auf den Burgberg noch erhalten ist. Gegenüber dem Burgberg, und mit diesem harmonisch verbunden durch Pricessstreet und Princessgarden, liegt die sog. Neustadt. Im ausgehenden 18. Jahrhundert von den Architekten James Craig und John Adam im Grundriss geplant und in 6 Bauabschnitten bis ca. 1850 verwirklicht, bildet sie die größte, zusammenhängende urbane Anlage aus dieser Zeit. Die einzelnen Abschnitte wurden von unterschiedlichen Architekten realisiert, welche ihre eigenen Vorstellungen verwirklichten.
Die Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth, 1890 in Betrieb genommen, ist die erste Stahlbrücke der Welt. Sie ist seit dieser Zeit durchgehend in Betrieb und ist eine technische und gestalterische Meisterleistung ihrer Zeit.

In Schottland hat mir morgens eine unangenehme Naturerscheinung mehrmals zu schaffen gemacht. An einem See oder einem anderen Gewässer übernachtet, waren in der Morgensonne tausende winzig kleine weiße Fliegen an von der Sonne beschienenen Teilen der Karosserie. Beim Verlassen des Autos hatten die nur ein Ziel: mich. Sie setzen sich auf die Haut und es piesakt ein bisschen. Das ist an und für sich nicht so schlimm, wenn`s nur nicht so viele auf einmal gewesen wären. Ich hab mehr als einmal die Flucht ergriffen und die Morgentoilette abseits von Wasser erledigt. Die entstehenden kleinen roten Flecken halten sich den ganzen Tag bis sie wieder rückstandtslos ohne weitere Symptome verschwinden. Ich weiß auch nicht, wie sich die Einheimischen an Zeltplätzen unmittelbar am Wasser dagegen wehren. Ich hab die deshalb immer gemieden.

Liverpool war im 18. Und 19. Jahrhundert die führende Handelsmetropole des britischen Empire. Der globale Handel und der weltweite kulturelle Austausch wurden in allererster Linie hier bewerkstelligt. Millionen von Auswanderern aus dem nördlichen Europa brachen von hier in die neue Welt auf und Anfang des 19. Jahrhunderts war hier das Weltzentrum des Sklavenhandels. Neben dem Handel war Liverpool aber auch ein führendes Zentrum im Hafenmanagment und bei der Entwicklung der Docktechnologie (Schiffe auch bei Ebbe entladen zu können) und hier legte 1840 das erste Dampfschiff ab um den Atlantik nach Amerika zu überqueren und begründete so den Ruf Liverpools als Tor zur neuen Welt. Großreedereien hatten und haben ihren Sitz hier und die Handwerke der Schiffsausrüster (Seiler, Segelmacher und andere) waren hier zu finden. Aus aller Welt kamen Kunstgegenstände, welche die Museen Liverpools füllten.
Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts entstand in Mittelengland ein Netzwerk schmaler Wasserstraßen mit deren Hilfe sich kostengünstig Rohstoffe und Fertigwaren in die industriellen Ballungsgebiete und die Absatzmärkte bis hin nach London transportieren ließen. Ein Teil dieses Netzes war der Kanal und der Pontcysyllte Aquädukt bei der Ortschaft Trevor. Dieser Aquädukt, 1795 bis 1805 von Thomas Telford errichtet, führt mit einer Länge von 307 m den Kanal in einer Höhe von 39 m über das Tal der Dee. Damals eine technische Meisterleistung, die seinesgleichen sucht und noch heute ein Bauchkribbeln verursacht wenn man drüber läuft, erst recht, wenn man den Aquädukt mit dem Boot befährt. Schon zu damaliger Zeit, nach Ende der napoleonischen Kriege, strömten Architekten aus ganz Europa hierher um dieses Bauwerk zu studieren. Für Thomas Telford war es der berufliche Durchbruch, dann unter seiner Leitung entstanden in der Folge weitere bahnbrechende Bauwerke. Dieses Kanalnetz gibt es heute noch, wird gepflegt und erhalten und ist Basis einer ausgedehnten Freizeitindustrie. Hunderte als Hausboote ausgebaute sog. Narrowboats befahren die Kanäle in allen denkbaren Größenordnungen. Dabei erreicht ein Boot für 4 Personen nicht selten die Länge von 20 m je nach Ausstattungsgrad.
Die beiden nächsten Welterbestätten beschäftigen sich mit entscheidenden Meilensteinen der Eisen-, bzw. Stahlherstellung. Ironbridge Gorge, nordwestlich von Birmingham, liegt in einer Gegend, in der alle Voraussetzungen für die Eisenproduktion gegeben waren. Kohlevorkommen, Eisenerz und Flüsse als Wasserlieferanten und Transportwege. 1709 entwickelte hier der Quäker Abraham Darby I. die Verkokung der Steinkohle. Mit dem Koks, welcher viel höhere Temperaturen entwickelte, konnte schneller und effizienter Eisen erschmolzen werden, sodass der Eisenausstoss sprunghaft stieg – die industrielle Revolution in England begann! Immer neue Produkte aus Eisen wurden hergestellt und ausprobiert. Die Sprödigkeit des Eisens, bedingt durch den hohen Kohlenstoff- und Phosphoranteil, setzte dem Einsatz von Eisen jedoch Grenzen.  Für statische Zwecke jedoch war dieses Eisen hervorragend geeignet. 1779 baute deshalb hier Abraham Darby III. nach Plänen des Architekten Thomas Farnolls die erste reine Eisenbrücke der Welt.
Blaenafon, in Südwales gelegen, besitzt heute noch die komplette Infrastruktur einer der größten Eisenproduktionsregionen der Welt. Kohle- und Erzminen, Steinbrüche, Tongruben, Eisenhütten, Transportsysteme, Arbeiterhäuser und soziale Einrichtungen der damaligen Zeit sind zu erleben. 1788 errichteten Thomas Hopkins, Thomas Hill und Benjamin Pratt eine Eisenhütte mit 3 Hochöfen, damals die größte der Welt. 1878 wurde hier von Sidney Thomas und Percy Carlyle Gilchrist  das Thomasverfahren, eine Weiterentwicklung des Bessemerverfahrens, erstmals angewandt. Beim Bessemerverfahren wird durch einblasen von Luft in die Eisenschmelze ein Großteil des im Eisen enthaltenen Kohlenstoffs verbrannt und damit entfernt. Mit der Länge des Einblasprozesses wird der Kohlenstoffgehalt des Eisens bestimmt, Stahl entsteht. Dieser enthält jedoch noch relativ viel Phosphor und macht ihn spröde. Mit dem neuen Verfahren konnte der Phosphor weitestgehend aus dem Stahl entfernt  werden und nahm ihm damit ein Großteil der Sprödigkeit. Fast alle Stahlkonstruktionen der 1950 er bis 1970  er Jahre sind mit Thomasstahl hergestellt worden.

Großbritannien besitzt darüber hinaus 4 Weltnaturerbestätten:

Eine unmittelbar auf der britischen Insel, die Dorset und Ost Devon Küste an der Kanalküste. Es ist ein ca. 1000 km langer Abschnitt, welcher im Mesozon entstanden ist (251 bis 66 mill. v. Chr.). Insbesondere nach Winterstürmen werden hier immer wieder Fossilien aus jener Zeit freigelegt.

Die Henderson Insel, gehört zur Pitcairn Inselgruppe, im östlichen Südpazifik gelegen, und ist eines von 5 Atollen weltweit, die praktisch unberührt von menschlicher Zivilisation bislang geblieben sind und damit die Möglichkeit bieten, die vom Menschen unbeeinflusste Entwicklung der Natur zu studieren.

Die Gough und Inaccesible Inseln sind die letzten, unbeeinflussten maritimen Ökosysteme im südlichen Atlantik in der Kalttemperaturzone. Frei von eingeschleppten fremden Säugetieren gibt es auf den turmhohen Klippen Kolonien von Seevögeln mit nur dort vorkommenden Vogelarten.

Giant´s Causeway and Causeway Coast – hier ragen an der Nordküste Irlands ca. 40000 schwarze Basaltsäulen empor, welche das Antrim Plateau bilden. Diese Formationen entstanden durch vulkanische Aktivitäten im Tertiär vor ca. 50 – 60 Mill. Jahren.

Und zu guter Letzt:

Wenn man einmal in der Gegend ist, kann man auf der Autobahn M4 Bristol – London die Abfahrt 15 Swindon benutzen und da nach Süden Richtung Marlborough fahren. Man sieht bald vor einer Tankstelle ein braunes Touristenschild „Brighton Castle“, nach rechts weisend. Wenn man dieser Wegweisung folgt und am Ende des Singletracks den Berg mit dem Auto erklimmt, gelangt man auf einen Parkplatz mit dieser wahrhaft atemberaubenden, unendlichen Aussicht.

November 2015

Großbritannien

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