Nun bin ich also das zweite Mal aufgebrochen. Zu Hause hab ich alles geregelt was ging. Ich hoffe nun dass das bis zum Ende der Reise hält. Und um nicht stur wieder dorthin zu fahren, wo ich aufhören musste, in Salamanca, Spanien, bin ich eine kleine Tour durch Zentralfrankreich gefahren und hab mich so langsam wieder nach Spanien gehangelt.
Die Anfahrt in Deutschland war erstmal reines Kilomerterschruppen. Von Chemnitz aus bin ich durchgefahren bis kurz vor Freiburg. Das hat nicht unbedingt Spaß gemacht und die rechte Freude kam da noch nicht auf.
Den nächsten Tag wars mit der Stimmung schon viel besser. So wie ich aufgehört habe in Portugal gings heute hier weiter. Dort war es der Alto Duro als Weinbaugebiet und hier die Region Burgund. Die Altstadt von Dijon als politisches Zentrum von Burgund gehört zum Welterbe und die Weinhauptstadt Beaune mit ihrer Altstadt im Herz des Weinbaugebietes. Die Weinberge sind mit einem über die Jahrhunderte gewachsenen Klassifizierungssystem bewertet. Manchmal sind das nur ein paar hundert qm, die eine eigene Klassifizierung haben. Der anstehende Boden spielt eine Rolle, die Ausrichtung zur Sonne und auch das Können des Winzers. Spitzenlagen dürfen dann die Bezeichnung „Grand Crus“ führen. Aber ich will das mal hier nicht weiter vertiefen, denn „der“ Weinkenner bin ich nun wahrlich nicht. Ich hab in Beaune Weine für 69,- Eus im Schaufenster gesehen und das ist bestimmt nicht das Ende der Fahnenstange. So fürn schnellen Durst ist das sicher nichts.
Ich bin dann nicht weitergefahren sondern in Beaune geblieben, denn dort war, genau wie in Chemnitz, „Fete de la Musique“ an diesem Tag und das wollte ich mir mal ansehen, da ich das auch in Chemnitz noch nicht erlebt habe. Beaune ist eine Kleinstadt, da gibt’s natürlich nicht so viele Bühnen. Aber auch hier, die ganze Stadt voller Leute. Die Gastwirte haben in der Innenstadt fast alle Straßen mit Tischen und Stühlen vollgestellt und es hat nicht gereicht. Ein tolles Flair. Zusätzlich gibt es hier einen Stadtrundgang bei Nacht wo Häuser mit riesigen Beamern illuminiert werden, die natürlich auch in Betrieb waren. Das gibt tolle Effekte und sieht richtig gut aus. Alles in allem eine gute Idee und mal was anderes.
Die Zisterzienserabtei Fontenay wurde 1118 noch von Bernhard von Clairvaux selbst gegründet. Ein Kloster das wieder in einem Zustand nach dem Schlichtheitsgelübde der Zisterzienser versetzt worden ist. Der Boden der Kirche und des Dormitoriums besteht nur aus Stampflehm. Es gibt keinen Bauschmuck und außer einer Wärmestube ist die ganze Anlage unbeheizt. Die Abtei nahm eine führende Stellung bei der Fertigung wertvoller Handschriften ein und bei der Medizin war es ebenso. Wirtschaftliche Grundlage war auch das Klostergut, das Ackerbau und Viehzucht für den Eigenbedarf der Abtei betrieb. Die Besonderheit: die Mönche begannen im 13. Jahrhundert in einem nahen Hügel Eisenerz abzubauen und zu verarbeiten. Werkzeug und landwirtschaftliches Gerät stellten sie selbst her. Die Hütte als Gebäude ist noch erhalten und man kann sich alles ansehen. Selbst ein wasserbetriebener Schmiedehammer, ähnlich dem Frohnauer Hammer bei Annaberg, ist vorhanden.
Die nächste Stätte war die Benediktinerbasilika Vezelay. Im 9. Jahrhundert bestand hier ein Bendiktinerkloster dessen Kirche 1120 abbrannte. Sie wurde bis 1140 sogleich wieder aufgebaut. Eine Vorkirche vor dem eigentlichen Kircheneingang, ein Narthex, folgte in der Zeit zwischen 1145 und 1150. Die Kirche ist eine der bedeutendsten Kirchenbauten der Romanik. Im 11. Jahrhundert hatte der Ort durch die Reliquien der heiligen Maria Magdalena die gleiche Bedeutung wie Rom oder Santiago de Compostella. Und Kirchengeschichte ist hier geschrieben worden. Bernhard von Clairvoux rief 1146 hier zum 2. Kreuzzug auf als sich Ostern die Pilger trafen. Der Französische König war da und die Granden seines Reiches. 1190 traf sich der Französische König und Richard Löwenherz mit ihren Heeren hier zum 3. Kreuzzug. Die Basilika ist alles was von dem Benediktinerkloster blieb. Eine Besonderheit sind ihre Kapitelle, die alle aus der Zeit von 1125 bis 1140 stammen. Sie ist damit weltberühmt geworden, weil die Kapitelle in einer für damalige Zeit unerreichter künstlerischer Vollkommenheit gefertigt sind.
Anschließend besuchte ich noch das französische Burgenbauprojekt Guédelon bei Treigny. Einige Leute haben sich aufgemacht mit Techniken des 13. Jahrhunderts eine Burg aufzubauen. Seit 1997 bauen sie da dran und wollen so 2023 fertig werden. Es war hochinteressant. Ich hatte nur Augen für die Fuhrwerke da, weil ich da wieder was lernen wollte. Es ist aber ein Riesenrummel um die Sache. Shops, Restaurant, saftiger Eintritt inklusive. Aber die Parkplätze waren voll. Man werkelt da so vor sich hin. Viele Leute waren auf der Baustelle nicht zu sehen aber man bekommt schon einen guten Eindruck, wie die Leute früher gebaut haben. Wer also mal in der Gegend ist und sich für sowas interessiert sollte einfach vorbeischauen.
Die Kathedrale von Bourgos besticht durch eine homogene Gestaltung, da sie in gerade mal rund hundert Jahren errichtet wurde. Der gotische Sakralbau hat als Besonderheit kein Querschiff, was für eine Kirche dieser Größe ungewöhnlich ist. Das Strebwerk ist derart filigran ausgeführt, das der Baukörper schön zu sehen ist. 1195 begann der Bau und 1324 wurde sie schon geweiht. Es gab immer wieder Schäden an dem Bauwerk die umgehend behoben wurden. Die Hugenotten jedoch verwüsteten sie 1565 und zur Französischen Revolution wurde sie wieder beschädigt und das Kirchengestühl entfernt. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts renoviert man die Kirche eigentlich permanent. Vom 12. bis zum 15. Jahrhundert fanden eine Reihe von Taufen und Krönungen französischer Prinzen und Thronfolger hier statt.
Von den insgesamt 147 Prähistorischen Stätten im Vezere Tal sind 25 Bestandteile der Welterbestätte, aus denen die Zeichnungen der Höhle von Lascaux zweifellos herausragen Geschützt sind in den Höhlen zum einen Felszeichnungen in den Farben Schwarz, Gelb, Orange oder Rot und zum anderen Ritzzeichnungen. Es sind ausschließlich Tiere dargestellt und keine Menschen. Pferde, Auerochsen, Hirsche aber auch Rinder, Wisente oder Raubkatzen sind zu sehen. Zahlreiche Artefakte wie Speerspitzen, Reste von Malsachen oder Lampen wurden hier gefunden. Die Höhle ist für den Besucherverkehr geschlossen, da die Atemluft der Besucher die Zeichnungen zerstört.Ein neues Besucherzentrum (Lascaux IV) ist ein supermoderner Bau wie der in Chauvet Pont de Arc. Man kann hier die Nachbildung der ganzen Höhle besichtigen, jedoch ist hier das Fotografieren erlaubt.
Die nächste Station sollte eigentlich Cahors sein, aber ich hab unterwegs einen schönen Schlafplatz mitten in einem kleinen Ort gefunden. Viele Gemeinden im Süden Frankreichs haben so Rastplätze gebaut, wo man mit dem Camper stehen, übernachten und Wasser nachfüllen kann. Die Camper können auch ihre Toilette entleeren. Es ist meist am Rande der Ortschaften, seine Ruhe hat man also dort und man muss nicht auf einen Zeltplatz.
Cahors ist ein Ort, der mir schon 25 Jahre im Kopf rumgeistert. Er liegt direkt am Fluss Lot und der ist in dieser Gegend schiffbar. Da gab es damals schon einen regen Bootstourismus und einmal hier Boot zu fahren war immer mein Traum. Man muss die Schleusen selbst bedienen und zum Einkauf beim Bäcker, Fleischer oder Weinhändler geht es immer steil bergauf. Der schiffbare Abschnitt ist nicht sehr lang und so kann man sich ohne Hektik treiben lassen. Alles Dinge die zur Entschleunigung beitragen.
Jedenfalls hat Cahors eine Kathedrale und die Pont Valentre. Beides Bestandteil des Welterbes Jacobswege in Frankreich. Die Altstadt ist sehr sehenswert und liegt in einer Schleife des Flusses quasi auf einer Halbinsel und für einen Ort dieser Größe gibt es Unmassen von Designerläden.
Die Welterbestätte selbst besteht aus 4 Hauptrouten, die durch Frankreich zu den Pyrenäen und von dort in 2 Übergängen zum Camino Frances in Spanien führen. Sie haben eine Gesamtlänge von 5000 km wovon 157 km direkt Bestandteil der Stätte sind. Weiterhin liegen von 71 Gebäuden, die auch Bestandteil der Stätte sind, 49 direkt an den Routen. Die anderen liegen etwas abseits.
Nach einer Pause auf einem Campingplatz in den Pyrenäen gings dann nach Andorra und von dort weiter nach Spanien. Und wenn ich von dort zurückkehre nach Frankreich werde ich den Bericht fortsetzen……
…….Spanien liegt nun hinter mir. Knapp 40 Welterbestätten, das erschien mir viel, aber es ist doch vorbei gegangen.
Von dort kommend bin ich zuerst in die Region Bordeaux gefahren. Die Gegend ist voll von Welterbestätten.
Unterwegs hatte ich auf einem Zeltplatz übernachtet und hatte „Haushalttag“. Waschen, Bus sauber machen und so. Nachts sind die Temperaturen nicht unter 28 Grad gesunken und das ging am nächsten Tag noch weiter: Bordeaux hat alles getoppt mit 38,5 Grad. Ich bin von außerhalb mit dem Bus ohne Klimaanlage in die Stadt. Das T Shirt konnte ich auswringen.
Im 18. / 19. Jahrhundert hat man die Altstadt von Bordeaux nach und nach komplett abgerissen und im klassizistischen Stil wieder aufgebaut, ähnlich wie das in der englischen Stadt Bath geschehen ist. Das gibt ein harmonisches Stadtbild mit vielen prunkvollen Bauten. Das Theater ist so ein Bau, die Kathedrale, Museen und die Uferbebauung mit Wohnhäusern an der Garonne, aber auch viele Bürgerhäuser. Auf der Einkaufsmeile Rue Saint Catherine geht selbst Tags über keine Stecknadel zu Boden. Mit dem Überseehandel, vor allem auf die Antillen, haben die Bürger viel Geld verdient, aber auch der Weinhandel u.a. nach England war einträglich und das haben die Bürger mit ihren Häusern auch zeigen wollen. Die Kathedrale ist gleichzeitig Teil des Welterbes französische Pilgerwege nach Santiago. Mit ihrem Foto hab ich nun diese Welterbestätte abschließen können. Die Cite Fruges, eine Einfamilienhaussiedlung von Le Corbusier in Pessac bei Bordeaux, habe ich in einem kläglichen Zustand angetroffen. Ein Haus war offensichtlich ausgebrannt, andere völlig zugewachsen und zu verkaufen. Einige bewohnte waren schon in einem ordentlichen Zustand. Manche aber auch sehr verbaut sodass man die Intensionen Le Corbusiers nicht mehr nachvollziehen kann. Eines dieser Häuser war immerhin Informationscenter.
Im Hinterland von Bordeaux ist die Weinregion Saint Emilion quasi das Geburtsland des Bordeaux Weines. Schon 1190 hat der englische König Edward I. die Grenzen dieses Gebietes festgelegt. Mehr Bordeaux Wein wie von hier geht also gar nicht. Ein Mönch hat hier gelebt, der auch Anhänger um sich scharte. Nach seinem Tod wurde das Grab eine Pilgerstätte und daraus entstanden die Felsenkirche und ein Kloster sowie eine Siedlung, die seinen Namen bekam. Mit der Entwicklung des Jacobsweges nahm die Bedeutung des Ortes zu und dann kam 1190 noch der englische König mit dem Weinprivileg. Das beflügelte den Weinbau ungemein. Heute werden die Weine für unglaubliche Preise verkauft. Der Ort ist trotzdem voll von Weinhandlungen und auch Touristen.
Oberhalb von Bordeaux, bei Blaye, in der Mündung der Garonne in den Atlantik, hat Vauban mit Festungen den Fluss abgesperrt. An beiden Ufern des Flusses errichtete er je ein Fort und in dessen Mitte auf einer Insel auch noch eine Befestigung. Damit war Bordeaux vor seeseitigen Angriffen weitestgehend geschützt.
Auf dem Weg nach Paris war mein erstes Ziel von Bordeaux aus Saint Savin sur Gartempe, eine Ortschaft im Poitou. Ludwig der Fromme, ein Karolinger, gründet im 8. Jahrhundert hier ein Kloster und der heilige Benedikt schickte Mönche. Die Christianisierung des Poitou wurde von hier aus betrieben. Um 1010 beginnen die Mönche den Kirchenbau, der 100 Jahre später im Wesentlichen beendet wird. Es entstand ein romanischer Bau, der innen komplett ausgemalt wurde. Heute sind noch ca. 400 qm davon im Vorbau und im Deckengewölbe des Hauptschiffes zu sehen. Sind die am besten erhaltenen romanischen Wandmalereien Frankreichs und vermitteln einen Eindruck, wie romanische Kirchen zu jener Zeit ausgesehen haben. Im Vorraum gibt es Zyklen der Apokalypse und der Passion zu sehen und das Deckengewölbe zeigt die Bibelgeschichte von der Genesis bis zum Auszug aus Ägypten.
Für das Loire Tal von Usse bis Chambord hab ich 2 Tage gebraucht. Ich bin stromaufwärts gefahren und da es mal rechts, mal links ein Schloss zu sehen gibt, vergeht die Zeit. Das Tal mit allen seinen Gegebenheiten wie die Schlösser oder andere Bauwerke und die Natur sind Welterbe als Kulturlandschaft. Seit 2000 Jahren siedeln Menschen hier und im 100 jährigen Krieg im 14./15. Jahrhundert war die Gegend, die Provinzen Anjou, Touraine und Orleans, Rückzugsgebiet der königstreuen Franzosen. Der französische König Karl VII. verlegte in dieser Zeit die Verwaltung des Reiches hier her und der Nachfolger Ludwig XI. begann von hier aus Frankreich in den heutigen Grenzen wieder herzustellen. Viele Minister, Fürsten oder andere Adlige ließen deshalb hier bauen und die meisten dieser Wohnsitze und Schlösser sind noch erhalten. Dabei liegen nicht alle so romantisch wie Chateau Menars direkt an der Loire. Sie sind manchmal viele Kilometer vom Fluss entfernt. Der selbst weitestgehend naturbelassen ist und eher in einer breiten Aue denn in einem Flussbett fließt.
Touristisch ist das Gebiet sehr erschlossen, Fahrradfahrer vor allem, viele Camper, aber auch ganz klassisch mit Reisebüro oder alleine mit dem Auto. Eine Fahrradtour hier ist bestimmt schön. Auch gibt es in der Flussaue immer wieder Zelte zu sehen, also auch wildes Campen geht hier. Die Eintrittspreise in den Schlössern allerdings sind exorbitant. Die Regel sind 10,- €, aber 17,- € hab ich auch gesehen, dann mit Audioguide und allem.
In Chartres die Kathedrale macht einen überwältigenden Eindruck. Schon aus ca. 10 km Entfernung hab ich sie sehen können. Die Türme ragen weit in den Himmel. Leider ist sie in der Stadt sehr zugebaut um sie gescheit fotografieren zu können. Auffällig ist die nahezu intakte Fassade. Fast keine Skulptur ist beschädigt. Die Hugenotten in ihrem Bildersturm und auch die Französische Revolution haben sie verschont. Es ist der 6. Bau an diesem Platz. Die Vorgängerbauten sind durch Krieg oder Brand verloren gegangen. Ähnlich ist es mit den bemalten Glasfenstern, die in vielen Kirchen des Lichtes wegen ausgetauscht wurden. Hier sind noch die Ursprünglichen aus dem Mittelalter weitestgehend erhalten sodass man im Inneren eine Vorstellung von der Atmosphäre einer solchen gotischen Kirche bekommt. Eine weitere Besonderheit im Inneren ist das berühmte Labyrinth auf dem Boden. Es gibt eine ganze Reihe von Interpretationen. Eine davon ist hier zu finden: http://stiftung-seiler.schloessli-ins.ch/chartres-labyrinth In der Praxis legten die Gläubigen den Weg des Labyrinthes auf Knien zurück.
Und dann kam mal wieder alles ganz anders. Vom Nebenort des Campingplatzes auf dem ich gelandet war, in Maintenon, fuhr ein Zug in einer halben Stunde nach Versailles. Also bin ich nicht nach Fountainbleu gefahren, wie geplant, sondern nach Versailles.
Eine Riesenanlage das Schloss. Die Gartenfront alleine ist 507 m lang. Ludwig der XIII. hat 1623 damit begonnen und Ludwig der XIV. hat ab 1678 den Bau maßgeblich betrieben. Da wurde der Südflügel begonnen, der Nordflügel folgte ab 1685. Das ursprüngliche Jagdschloss war da schon mit einem zweiten Komplex umgeben. Versailles war ja nicht nur französischer Königshof sondern ab Ludwig XIV. auch Regierungssitz. Deshalb gibt es 2 Komplexe die als Ministerflügel bezeichnet werden und in den diese untergebracht waren. Der Hof ist 1682 nach Versailles umgezogen und ab dieser Zeit arbeiteten zeitweise bis zu 22.000 Menschen hier. Der Hofstaat selbst hatte ca. 1.000 Angestellte, der Rest verteilt sich auf Angestellte der Ministerien und noch Bauarbeiter denn es wurde ja pausenlos weitergebaut.
Die Tickets sind schnell erworben, auf den Einlass hat man bestimmt 2 Stunden gewartet, mitten in der Saison. Ich hab mich mit den Gärten und Parks begnügt.
Und da ich nun einmal so angefangen hatte, wollte ich nun auch noch die zweite Welterbestätte von Paris besuchen. Das Seine Ufer mit seinen Bauten und Plätzen ist es mitten im Herzen von Paris. Ich bin in den Metrobereich von Paris; nach Montouge gefahren und hab dann alles mit einem Tagesticket der Metro besucht. Das Wetter hat auch mitgespielt, so um die 22 Grad und der Regen hat sich auch zurückgehalten. Ich konnte zuvor an einem Friedhof gut schlafen und so bin ich fröhlich nach dem Navi in die Stadt rein. Ohne Navi ein Ding der Unmöglichkeit. Einen kostenlosen Parkplatz hab ich auch ergattert. Richtung Metro hatte ich die erste Überraschung: eine Straßenbahn auf einer Schiene! Da dürfen sich die Fahrtgäste aber nicht bewegen, damit die Bahn nicht allzu sehr kippelt! J Nein, die hatte auf beiden Seiten noch Gummiräder, auf denen sie gefahren ist. Aber putzig für den Moment ist es schon.
Zum Welterbe im Zentrum gehören u.a. der Eiffelturm, das Petit und der Grand Palace, der Place de la Concorde, der Jardin de Tuileries, natürlich der Louvre und Notre Dame de Paris und vieles andere noch. Sie dokumentieren die Entwicklung und die Geschichte von Paris. Leute über Leute die das alles belagern und wenn Du das wirklich alles angeguckt hast schwirrt dir abends der Kopf. Ich bin ja nun schon öfter da gewesen, aber ich hab wieder was Neues gesehen.
Eine Konstante gibt es aber immer in Paris und das ist der Montmartre. Mal eine halbe Stunde auf den Stufen von Sacre Coeur sitzen und bei dem Ausblick über die Stadt die Weite genießen und anschließend im Künstlerviertel einen Kaffee trinken und das Flair genießen, das muss einfach sein.
Mit dem Schloss Fontainebleau hatte ich die letzte Welterbestätte im Weichbild von Paris auf dem Plan. Das ursprüngliche Jagdschloss von König Franz I. König Heinrich IV. baut weiter an dem Schloss und so halten es auch Ludwig XIII. und der XIV. Es ist der erste Renaissancebau Frankreichs und hat in seinen Parks das größte Parterre Europas. Ein flaches, nur niedrig bepflanztes Gelände vor einem Gebäude ist das. Napoleon I. ließ es neu möblieren und benutzte es als Residenz und auch noch Napoleon III. hat es genutzt, ehe es Museum wurde.
Die weitläufigen Anlagen zu pflegen stellt schon eine Herausforderung dar und so wird es vielfältig genutzt, im Sommer auch für Musikmeisterklassen die als Amerikanische Akademie beworben werden.
Die nächste Welterbestätte war Provins, die Stadt der mittelalterlichen Messen. Ein Ort, der mir erstmal gar nichts sagte, mich aber dann umso mehr überrascht hat. Ihn gibt es seit Anfang des 9. Jahrhunderts, da begann man seine Befestigung zu bauen, die heute noch existiert. Die Grafen der Champagne machte Provins zu ihrem Hauptort. Und da die Stadt an sich kreuzenden Handelsrouten lag blühte sie schnell auf. Einer von ihnen, Graf Theobald IV. erfand den Passierschein, dessen Inhaber von Soldaten geschützt durch das Gebiet der Grafschaft reisen durfte. Für Kaufleute, die ihre Waren und manchmal auch viel Geld dabei hatten ein wichtiges Argument um zur Messe nach Provins zu kommen. Diese Maßnahme hat den Handel ungemein belebt und Provins zu einem der größten Handelsplätze Europas im 12./13. Jahrhundert machte. Nicht nur die Stadtmauer ist erhalten sondern Häuser aus romanischer Zeit, das Schloss der Grafen, heute Schule, der Marktplatz und vieles mehr.
Nördlich von Provins liegt die Champagne, das Weinbaugebiet das den Champagner hervorbringt. Die Römer begannen hier mit dem Weinbau und Jahrhunderte kelterte man hier nur „normalen“ Weißwein bis man auf die Idee kam den Wein in Flaschen abgefüllt zu transportieren was ihn frischer hielt. Insbesondere die Engländer liebten das. Nur hatten die Erzeuger ihre liebe Not damit. Die Flaschen explodierten regelrecht oder die Korken flogen fort. Das und vieles mehr löste der Mönch Pierre „Dom“ Perignon und verhalf dem Champagner als Schaumwein zur Vollendung. Ein blieb jedoch: der Wein war trüb von der Hefe. Erst im 19. Jahrhundert wurde das Rütteln und Degorgieren erfunden. Durch ersteres setzt sich die Hefe am Korken ab und mit zweiterem entfernt man die Hefe samt Korken. Viele haben noch mitgewirkt bis das heutige Getränk in seiner perfekten Form entstand. Heute zeigen die Verkaufstempel, was man mit diesem Luxusgut verdienen kann. Zu sehen auf der Avenue de Champagner in Eternay, der Hauptstadt des Champagner.
Im Anbaugebiet des Champagner liegt die Stadt Reims. Die Kathedrale, der Palast de Tau (ehemaliger Bischofspalast) und die Abtei Saint Remi sind hier Welterbe. Die Kathedrale ist das Paradebeispiel der Hochgotik schlechthin und dessen Hauptwerk in Frankreich. Sie ist die Krönungskirche von 25 Königen Frankreichs und im Palast de Tau nebenan verbrachten die Könige ihre letzte Nacht vor der Krönung und nach der Krönung gab es hier ein Festessen. Und in der Abtei schließlich wurde das heilige Öl aufbewahrt mit der die Könige gesalbt wurden. Die Kathedrale wurde von 1211 bis 1311 errichtet. Im 15. Jahrhundert fügte man die Türme und das Westwerk noch an. 1974 bekam die Kathedrale 3 Fenster von Marc Chagall.
Von Reims aus hab ich auf dem Weg in meine letzte Genussregion in Frankreich, die Normandie gemacht. Cidre, Camembert und Calvados, alles geht mit „C“ los und schmeckt wunderbar. Ich hab das auch voll ausgekostet. Unterwegs bin ich bei einem kleinen Produzenten hängen geblieben. Nur Vater und Sohn, die mir auch gleich ihre Keller voll Calvados gezeigt haben. Bei mir würde die Menge für mehrere Leben reichen. Nun hab ich also auch noch Cidre und Calvados im Bus. Passieren darf da nichts, der Bus würde bei der Menge Alkohol sofort in Flammen stehen. Aber es wird schon gut gehen.
Mont Saint Michel, das „Wunder des Abendlandes“ war das Ziel. Und wirklich, in 12 km Entfernung hab ich den Felsen schon gesehen. So, wie das auf den Bildern scheint, ist es wirklich. Man glaubt, es gehört nicht hier her. Der Berg ist aber gut in Schuss, vieles ist restauriert oder man ist dabei. 708 entstand die erste Kirche, im 10. Jahrhundert kamen Benediktiner und begannen im 14. Jahrhundert die Abtei zu bauen. Befestigt wurde sie auch und ist nie eingenommen worden. Zur Französischen Revolution löste sich die Klostergemeinschaft auf und bis 1863 war sie Gefängnis. Ab 1872 begann man, sie zu restaurieren, eigentlich bis heute. Der Besuch ist perfekt durchorganisiert. Ein Parkplatz weit außerhalb, kostenlose Shuttlebusse. Eigenartige Gefährte die zwei Fahrerkabinen haben. Dadurch muss nicht gewendet werden. Die andere Kabine wird aktiviert und schon geht es in die andere Richtung. Auf dem Berg geht es weiter: eine Hauptstraße sorgt dafür, dass die Besucher auch wirklich an allen Geschäften vorbei kommen ehe sie die Abtei erreichen.
Jetzt, im Sommer und den Ferien, ist natürlich der Teufel los hier. Vor allem viele Briten sind unterwegs. Es scheint, die haben Torschlusspanik bevor sie aus der EU austreten und das Reisen vielleicht nicht mehr so einfach für sie wird.
An der Kanalküste entlang bin ich nach Le Havre – die Hafenstadt gefahren. Hier mündet die Seine in den Kanal, Fähren verbinden es mit England, Claude Monet der Maler hat hier lange gearbeitet und sehr kunstinteressiert ist man hier. Es gibt viele Ausstellungen, Galerien und auch Großobjekte in der Stadt.
Sie war im WW II von den Deutschen besetzt, der Hafen Festung und Bestandteil des Atlantikwalls. Vor der Einnahme durch die Alliierten wurde es schwer von diesen bombardiert und die Innenstadt völlig zerstört. Von 1945 bis 1954 hat Auguste Perret mit seinem Team die Innenstadt in Betonbauweise wieder aufgebaut. Damit machte er Sichtbeton zum Gestaltungselement in der Architektur. Breite Boulevards entstanden mit viel Grün dazwischen. Der Rathausplatz ist der größte Europas und das Rathaus, wie auch die Kirche Saint Josephs hat der Meister selbst entworfen. Dabei ist die Kirche Saint Josephs für mich etwas Besonderes.. Ein viereckiger Bau auf dem sich ein Turm in 107 m Höhe streckt. Innen ist der Raum nicht aufgeteilt, der Turm ruht auf Betonsäulen, wodurch sich ein wunderbares Raumgefühl ergibt. Es ist die einzige Stadtlandschaft Europas, die in der Welterbeliste steht.
Und in Amiens war es wieder eine Kathedrale, die Dritte der hochgotischen Kathedralen Frankreichs neben Reims und Chartre. Für mich war es auch die Schönste. Das Mittelschiff ist das höchste Frankreichs und da die Seitenschiffe relativ niedrig sind kommt aus den Obergadenfenstern sehr viel Licht in die Kathedrale. Das gibt ein leichtes und beschwingtes Raumgefühl. In der Zeit von 1220 bis 1366 ist sie entstanden. Der Nord- und der Vierungsturm wurden später vollendet. Erstmalig wendeten die Baumeister standardisierte Steine für die Mauern an. Das sparte die Zeit des Einpassens auf der Baustelle, die Steine konnten an überdachten Plätzen gefertigt werden, also wetterunabhängig und damit ganzjährig. Die Kathedrale war den Unbillen zweier Weltkriege ausgesetzt, hat diese aber relativ unbeschadet überstanden. Auf einem Grabmal hinter dem Chorumgang gegenüber der Axialkapelle befindet sich der berühmte „weinender Engel“. Sein Abbild als Postkarte schickten im WW I tausende britische Soldaten in die Heimat.
Erste Vorkommen im Nordfranzösischen Kohlerevier wurden schon 1680 im Boulonnais entdeckt und abgebaut. Ab 1716 folgten weitere Funde bei Fresnes sur Escant, die aber nicht sehr ergiebig waren. Eine schon ertragreichere Mine ging durch Wassereinbruch verloren. 1734 gelang dann der Fund von Fettkohle bei Anzin. Damit war die Förderung der Steinkohle im Revier nicht mehr aufzuhalten und immer mehr Gruben öffneten. Im 19. Jahrhundert setzte eine stürmische Entwicklung ein: die Dampfmaschine hielt Einzug und auch neue Abbaumethoden, die Stadtplanung musste Wohnraum und soziale Einrichtungen schaffen und die Arbeitssicherheit in den Gruben wurde verbessert. All das kann an 109 verschiedenen Standorten besichtigt werden und in Lewarde ist eine Mine als Museum und Infocenter hergerichtet.
Die für mich letzte Welterbestätte in Frankreich sind die französischen und belgischen Bellfriede. Den im Mittelalter zu Zeiten der Gotik erbauten steinernen Türmen gingen solche aus Holz voraus, von denen jedoch keiner erhalten blieb. Insgesamt sind 33 Belgische Bellfriede und 23 Französische in die Welterbeliste eingetragen worden. Gemeinsam mit der Markthalle waren sie bedeutende Gebäude der öffentlichen Architektur im Mittelalter. Wenn auch die meisten aus der Zeit der Gotik stammen, gibt es eine reiche Vielfalt an Stilen, die bis zum Art Deco reicht und der Bauzeit vom 11. bis zum 20. Jahrhundert entspricht. Stadtbehörden errichteten sie, aber auch Gilden oder Zünfte als Machtsymbol. Meistenteils sind sie mit dem Rathaus verbunden oder sie standen frei in der Nähe. Sie dienten als Wachtürme um Feinde schnell zu erkennen aber ebenso um Brände in der Stadt schnell zu melden. Öffentliche Angelegenheiten rief der Türmer von hier aus und die Stadtglocke, oft ein Carillon, maß die Zeit. Durch seine starke Befestigung war er aber auch Stadtarchiv, Gefängnis oder Schatzkammer.
7. August 2017